15. Oktober 2024

24.09.1972 – Internationaler Bergpreis Schwäbische Alb-Neuffen (NTZ)

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Nürtinger Zeitung, Sportrundschau, Montag, 25. September 1972

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung (29.05.2020)

Sepp Greger fährt mit seinem Porsche neuen Streckenrekord
Ergebnis eines hervorragenden Rennens des Münchners: 127,6 km/h

Erich Ott aus Nürtingen erfolgreichster Fahrer des Kreises

Bericht:

Es war ein Rennen der Superlative: nahezu 500 Fahrer aus allen Teilen der Bundesrepublik, aus Österreich und der Schweiz, weit mehr als je zuvor, gingen am Sonntag an den Start beim 8. Internationalen Bergpreis Schwäbische Alb-Neuffen. Das hervorragendste Ergebnis hierbei erzielte wieder einmal mehr Sepp Greger, Altmeister aus München, mit seinem Porsche 910: mit 127,6 Stundenkilometern im Schnitt war er absoluter Tagesschnellster und stellte gleichzeitig den bislang von Helmut Leuze gehaltenen Streckenrekord ein. Der einzige Fahrer aus dem Kreis Nürtingen, der sich im Vorderfeld platzieren konnte, war Erich Ott aus Nürtingen, der in der Tourenwagenklasse bis 2000 Kubikzentimeter den ersten Platz errang.

Sepp Greger aus München fuhr mit diesem Porsche 910 einen neuen Streckenrekord: 127,6 km/h., © NTZ (wig) 1972
Mit mehr als 100 Stundenkilometern donnern die Motorräder an den Zuschauern vorbei., © NTZ (wig) 1972

Besondere Bedeutung kommt dem Rennen zu, da es gleichzeitig für mehrere Meisterschaften gewertet wird: für den Deutschen Automobil-Bergpokal der ONS (Oberste Nationale Sportkommission), die Württembergische ADAC-Gaumeisterschaft im Automobilrennsport, die Pokalsonderwertung für Serientourenwagen, und erstmals auch für den Deutschen Juniorenpokal der OMK (Oberste Motorsport-Kommission).

Da diese Wertung neu und vielen wahrscheinlich unbekannt ist, hier einige Informationen dazu: für den Juniorenpokal sind nur Ausweis-, keine Lizenzfahrer unter den Motorradfahrern zugelassen. Den Ausweis erhält, wer den Führerschein Klasse I nachweist und Mitglied in einem Motorsportclub ist. Nach fünf erfolgreichen Rennen (Platz eins bis fünf) kann, nach spätestens zwölf muß der Fahrer die Lizenz beantragen, ist von da ab nicht mehr Ausweis-, sondern Lizenzfahrer und startet jetzt in dieser Klasse.

Am Samstag Trainingsläufe

Die „weiche Welle“ bei diesem Rennen gab es nur auf diesem Bild: ein Wagen, umrahmt von der Natur., © NTZ (wig) 1972

478 Fahrer – im letzten Jahr waren es „nur“ 329 – begannen schon am Samstag mit dem Training. Ab 8:30 Uhr morgens konnte jeder freiwillig trainieren, ab 11 Uhr standen für jeden Fahrer zwei Pflichtläufe auf dem Programm. Dank einer hervorragenden Organisation konnte ein Teil von ihnen sogar vier Trainingsläufe machen. Doch den meisten unter ihnen war die „Piste zwischen Wald und Reben“ bereits gut vertraut: die 4,2 Kilometer lange Strecke, die einen Höhenunterschied von 250 Metern aufweist, eine durchschnittliche Steigung von 8 Prozent besitzt und durchschnittlich sechs Meter breit ist.

So konnte auch schon bereits am Samstag der Routinier Sepp Greger, Stammgast bei diesem Bergrennen, einen neuen Streckenrekord aufstellen: 127,22 km/h war seine Durchschnittsgeschwindigkeit. Auch bei den Motorradfahrern verbesserte Georg Pohlmann aus Steinhagen mit seiner Yamaha den bisherigen Streckenrekord von 108,5 km/h auf 109,1 km/h. Jedoch werden diese Zeiten, da sie beim Training erzielt wurden, grundsätzlich nicht als offizieller Streckenrekord gewertet.

Kein schlimmer Unfall

Zu einem spektakulären Unfall kam es kurz vor Trainingsschluss, der sich jedoch dann hinterher als weit harmloser, als man anfangs befürchtete, herausstellte: Karl Jordan aus Riedböhringen war mit seinem Sportwagen, einem March, gleich nach der ersten Linkskurve nach dem Start gegen eine Planke auf der rechten Straßenseite geraten. Ein wahrscheinlich zu starkes Gegensteuern bewirkte, daß er jetzt nach links abkam und einen leichten Abhang hinunterstürzte. Dabei erfasste der Wagen Jordans fünf Zuschauer, von denen zwei ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Während die übrigen drei nach kurzer Behandlung durch Sanitäter sofort entlassen werden konnten, wurden die anderen beiden, entgegen schlimmeren Befürchtungen, auch noch am selben Abend aus dem Krankenhaus entlassen. Der Fahrer selbst blieb unverletzt.

Strahlendes Wetter

Konzentration vor dem Start: Tausendstelsekunden können entscheiden., © NTZ (wig) 1972

Am Sonntag um 10 Uhr war dann der offizielle Start zum vorletzten Rennen um die Deutsche Bergmeisterschaft. Es scheint, als ob der Wettergott Motorsportanhänger sei: auch diesmal, wie schon sieben Mal zuvor, fuhr auch er beim Rennen „mit“.

Strahlender Sonnenschein begleitete die Fahrer fast den ganzen Tag, ein paar Wolken zwischendurch konnte die Stimmung unter Publikum und Fahrern nicht vertreiben.

Den Anfang machten die Motorradfahrer, unter denen Georg Pohlmann, wie schon tags zuvor, das beste Rennen fuhr: mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 108,5 km/h verbesserte er den offiziellen Streckenrekord um 0,3 km/h.

Nach den Seitenwagenfahrern gingen die Tourenwagenfahrer an den Start. Hier erwies sich Martin Heinz aus Pirmasens auf seinem Opel Commodore als Tagesschnellster mit 114,0 km/h.

Erich Ott, einziger Sieger aus dem Kreis Nürtingen, bringt seinen BMW kurz vor dem Rennen auf Vordermann., © NTZ (wig) 1972

Einen schönen Erfolg erzielte Erich Ott aus Nürtingen: auf seinem BMW fuhr er in der Klasse bis 2000 ccm einem sicheren und hochverdienten Sieg entgegen.

Jedoch war Erich Ott der einzige Fahrer aus dem Kreis, der sich im Vorderfeld der ersten drei platzieren konnte.

Zwar belegten noch einige Fahrer, unter ihnen Manfred Henzler, Nürtingen, Horst Brändle, Wendlingen und Manfred Schall aus Neuffen recht annehmbare Plätze, der große Wurf gelang ihnen jedoch an diesem Tage nicht.

Sepp Greger erfüllt Erwartungen

Der große Wurf jedoch gelang demjenigen Fahrer, von dem man ihn aufgrund seines fahrerischen Könnens und seiner bereits am Vortage erzielten hervorragenden Trainingszeit geradezu erwartet hatte: Sepp Greger, dem 55-jährigen Altmeister aus München. Und Greger bestätigte prompt die in ihn gesetzten Erwartungen: mit 126,6 km/h war er der tagesschnellste Fahrer aller Klassen und verbesserte damit den alten Bergrekord des Traifelbergers Helmut Leuze, der im Jahre 1970 124,9 km/h gefahren war.

Die Entscheidung, wer Deutscher Bergmeister werden wird, bleibt nach wie vor offen. Alle bisher aussichtsreichsten Fahrer, Klaus Oesterreich mit seinem Renault Alpine, Albrecht Krebs mit Ford Escort und Karl-Ludwig Weiss mit seinem Fiat-Abarth lieferten ein gutes Rennen und konnten im Wesentlichen ihre bisherigen Plätze behaupten. So wird die Entscheidung erst beim nächsten, letzten Rennen fallen.

Gute Organisation

Wie schon am Samstag, erwies sich auch am Sonntag der Motorsportclub Kirchheim Teck, allen voran Rennleiter Frech, als guter Ausrichter und blendender Organisator. Trotz dieses Massenaufgebots an Fahrern konnte das Rennen früher als erwartet, nämlich schon gegen 16.15 Uhr beendet werden. So konnten auch die Siegerehrungen, die in diesem Jahr sofort nach Abschluss des Rennens auf dem Rennplatz, nicht wie früher in der Stadthalle Neuffen stattfanden, zügig über die Bühne gehen.

Da auch kein einziger Fahrer zu Schaden gekommen war, sondern nur einige, wenn auch teilweise erhebliche, Blechschäden zu verzeichnen waren, stand das Barometer von Rennleiter Frech am Ende dann auch auf „Sonnenschein“: „Wir haben rund 25.000 Zuschauer gehabt, keine Verletzten, aber neue Rekorde. Die Zuschauer haben sich disziplinierter als in früheren Jahren verhalten und der Wettergott hat auch wieder mitgespielt. Da hat man dann wohl allen Grund, mit dem Rennverlauf zufrieden zu sein.“


Hier die genauen Ergebnisse in den verschiedenen Klassen, Platzierungen und Zeiten nach je zwei Läufen:

Motorräder

Klasse bis 50 ccm
1. Werner Haffner, Nordenham, Kreidler, 5.38,680; 2. Hans Geuder, Heidenheim, Kreidler, 5.51,895; 3. Rudi Jordan, Großvillars, Kreidler, 5.52,605.

Klasse bis 125 ccm
1. Peter Frohnmeyer, Tübingen, Maico, 4.53,467; 2. Wolfgang Rubel, Wermelskirchen, Maico, 5.02,349; 3. Harry Hoffmann, München, Bultaco, 5.02,469.

Klasse bis 250 ccm
1. Georg Pohlmann, Steinhagen, Yamaha, 4.38,268; 2. Jürgen Lehmann, Stolberg, Yamaha, 4.46,089; 3. Harry Niemann, Heppenheim, Yamaha, 4.46,407.

Klasse bis 350 ccm
1. Peter Schrötges, Wuppertal, Yamsel, 4.44,262; 2. Peter Hartenstein, Walldorf, Yamaha, 4.44,510; 3. Arndt Härle, Pfuhl, Yamaha, 4.52,750.

Klasse bis 500 ccm
1. Helge Gramm, Freiburg, Kawasaki, 4.41,060; 2. Reinhold Hiller, Brackwede, Yamaha, 4.44,510; 3. Edmund Czihak, München, Kawasaki, 4.44,653.

Motorräder mit Seitenwagen, Klasse bis 500 ccm
1. Fritz Fischer, Langen/Hessen, und Werner Golesch, Großsachsen, BMW, 5.10,547; 2. Ingo Riemer und Klaus Behrendorf, Burscheid, BMW, 5.15,433; 3. Walter Linkenheil, Simmozheim, und Walter Wörner, Schafhausen, BMW, 5.16,532.

Tourenwagen

Klasse bis 700 ccm
1. Heinz J. Sieber, Erlangen, Steyr-Puch, 5.12,439; 2. Josef Treittinger, Ingolstadt, Steyr-Puch, 5.13,782; 3. Jürgen Haas, Köngen, Steyr-Puch, 5.19,748.

Klasse bis 1000 ccm
1. K. L. Weiß, Neustadt/W., Fiat-Abarth, 4.58,747; 2. Günter Volle, Freiburg, Fiat-Abarth, 4.58,829; 3. Fritz W. Mayer, Notzingen-Wellingen, NSU TTS, 5.18,157.

Klasse bis 1150 ccm
1. Günter Trockel, Neheim-Hüsten, Opel Kadett, 5.13,293; 2. Wolfgang Wolf, Liederbach, Opel Kadett, 5.21,386; 3. Karl Schumacher, Augsburg, Fiat, 5.48,475.

Klasse bis 1300 ccm
1. Jörg Siegrist, Stuttgart, NSU TT, 4.35,546; 2. Georg Weber, Kempten, Abt/NSU, 4.37,468; 3. Franz Waldhier, Stuttgart, NSU TT, 4.39,743.

Klasse bis 1600 ccm
Wertung lag wegen Einlegung von Protest nicht vor.

Klasse bis 2000 ccm
1. Erich Ott, Nürtingen, BMW, 4.40,037; 2. Richard Rieder, Gars/ Inn, BMW, 4.44,618; 3. Josef Oschwald, Saulgau, BMW, 4.56,951.

Klasse bis 3000 ccm
1. Heinz Martin, Pirmasens, Opel Commodore, 4.25,036; 2. Fritz Haußmann, Dettingen, Ford Capri, 4.35,602; 3. Christian Kugon, Friedrichshafen, Opel Commodore, 4.56,181.

Klasse über 3000 ccm
1. Hans Fuhrian, Lustenau, Ford Mustang, 4.47,736.

Grand-Tourisme-Wagen

Klasse bis 1300 ccm
1. Klaus Oestreich, Neu-Isenburg, Renault Alpine, 4.47,389; 2. Heinz Feinser, Neu-Isenburg, Renault Alpine, 4.50,363; 3. Hansi Kreuzinger, Lenggries, Renault Alpine, 5.00,396.

Klasse bis 2000 ccm
1. Gotthard Egerland, Münchingen, Porsche, 4.30,504; 2. Paul Fromm, Kirchentellinsfurt, Porsche, 4.32,917; 3. Albrecht Schütz, Ulm, Porsche, 4.40,993.

Klasse über 2000 ccm
1. Dieter Schmid, Dachau, Porsche, 4.26,492; 2. Rolf Fischer, Freudenstadt, Porsche, 4.30,434; 3. Walter Kuder, Hülben, Porsche, 4.39,972.

Sportwagen

Klasse bis 850 ccm
1. Karl-Reiner Dreher, Blaufelden, Honda, 5.12,030; 2. Helmut Beer, Hörbranz, Puch Eigenbau, 5.26,561.

Klasse bis 1150 ccm
1. Karl-Heinz Conrad, Holzgerlingen, Lotus, 4.35,262; 2. Bruno Huber, Hüniken, Mungo, 4.40,242; 3. Bert Maier, Unterdaring, NSU/Lotus, 4.51,731.

Klasse bis 1600 ccm
1. Karl Manhard, Pfronten-Ried, BMW, 4.22,857; 2. Rudi Jauslin, Muttens, Chevron-Spider, 4.23,363; 3. Dieter Kox, Freiburg, Sauber, 4.36,091.

Klasse bis 2000 ccm
1. Peter Ettmüller, Aarau, Chevron, 4.11,671; 2. Friedrich Winkler, Probstried, Porsche/Lotus, 4.32,155; 3. Arthur Frischknecht, Winterthur, Chevron, 5.00,512.

Klasse über 2000 ccm
1. Sepp Greger, München, Porsche 910, 3.58,985; 2. Walter Proebst, Adelhofen, Porsche, 4.32,048; 3. Gertraud Esser, München, Porsche, 4.37,130.

Formel-Rennwagen

Formel 3
1. Rudolf Detsch, Mülheim March, 4.09,245; 2. Paul Fischer, Stuttgart, Macos, 4.14,717; 3. Carlo Breitenstein, Freigericht, Lotus, 4.18,849.

Formel V, Ausweisfahrer
1. Manfred Habermann, Rechberghausen, Fuchs, 4.34,642; 2. Alexander Sauer, Plattenhardt, Fuchs, 4.43,212; 3. Fritz Kalmbach, Egenhausen, Apal, 4.44,478.

Formel V, Lizenzfahrer
1. Reinhard Lechner, Graz, Gross 4.40,065; 2. Günther Heckhorn, Unterhausen, Kaiman, 4.41,137; 3. Manfred Riedisser, Rorschach, Horag, 4.45,383.

Formel Super-V, 1600 ccm, Lizenzfahrer
1. Werner Müller, Ruit, Veemax, 4.15,424; 2, Fredi Eschenmoser, Hard, Fuchs, 4.23,522; 3. Eberhard Braun, Markgröningen, Comet, 4.28,048.

ntz (wig) 1972, übertragen von hjl